Hard Man (3 page)

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Authors: Allan Guthrie

Pearce konnte natürlich auch komplett danebenliegen.

Pearce half Baxter, Flash an die Wand zu setzen und sicherzugehen, dass Rog nicht die Zunge verschluckt hatte oder so was. Er steckte dem Dicken ein Kissen unter den Kopf.

»Also, was genau soll ich für Sie tun?«, sagte Pearce. »Einfach ein Auge auf May haben«, sagte Baxter. »Sie brauchen einen Babysitter?«

Sie standen jetzt mitten im Wohnzimmer. Beide Männer hatten die Arme verschränkt. Pearce schaute Baxter fest in die Augen und war keineswegs erstaunt, als der seinem Blick nicht standhielt.

»Ich dachte mehr an einen Leibwächter«, sagte Baxter. »Um ihr diesen Psychopathen Wallace vom Leib zu halten.«

»Für wie lange?«

»So lange wie möglich.«

»Vier Riesen halten nicht lange vor.«

»Bis Wallace sich wieder abgeregt hat. Ein Monat müsste reichen.«

»Was wären meine Arbeitszeiten?«

»Rund um die Uhr.«

»Tag und Nacht und an den Wochenenden?«

»Sie wohnen bei uns. Wir geben Ihnen zu essen, ein Bett.«

»Ich bin nicht sehr gesellig.«

»Wir bezahlen Sie nicht für Ihre Konversation.«

Pearce atmete langsam aus. »Woher haben Sie meinen Namen?«, fragte er.

»Ein Typ, den ich kenne, hat Sie empfohlen«, sagte Baxter.

»Was für ein Typ?«

»Mein Neffe. Cooper. Meinte, Sie hätten das Zeug dazu. Meinte, man kann sich auf Sie verlassen.«

Cooper, hm? Kredithai. Er war mal der Boss von Pearce gewesen. Jetzt saß er im Knast. Hatte schließlich doch noch gekriegt, was er verdient hatte. »Ach ja?«

»Genau genommen denkt er, wo Sie schon Ihre Schwester und Ihre Mutter verloren haben, ist Ihnen jetzt sowieso alles scheißegal.« Baxter steckte die Hand in die Tasche, in der er seine Kippen hatte. Er kramte ein bisschen herum, dann kam sie leer wieder zum Vorschein. »Stimmt das?«

Pearce fragte sich, ob Cooper recht hatte. Durchaus möglich. »Wenn Sie sich Sorgen um ihre Sicherheit machen, wieso gehen Sie dann nicht zur Polizei?«

»Nach dem, was passiert ist?« Baxter zeigte auf seine Nase. »Die denken, ich will Wallace reinreiten. Die stecken mich wahrscheinlich gleich wieder in ‘ne Zelle wegen Belästigung oder was Ähnlichem.«

Pearce nickte. »Lassen Sie mich drüber nachdenken, okay?«

Baxter machte ein hoffnungsvolles Gesicht. Dann runzelte er die Stirn, als Flash sich regte. Er schaute nach seinem Sohn, dann wieder zu Pearce. »Mussten Sie so fest zuschlagen?«

»Das war nicht fest«, teilte Pearce ihm mit.

Baxter kniff die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. »Ich hab Angst«, sagte er. »Ich sag’s Ihnen frei raus. Ich hab Angst um May.«

»Ich bin sicher, ihr passiert nichts«, sagte Pearce. »Typen wie Wallace reißen gern das Maul auf. Aber das ist gewöhnlich alles.«

»In diesem Fall nicht«, sagte Flash, ein wenig außer Atem.

»Wie geht’s dem Kopf?«, fragte Pearce. »Scheiße.«

»Und den Eiern?«

»Leck mich.«

Eins musste man dem dürren Wichser lassen. Er hatte immer noch ein freches Mundwerk. Aber Pearce beschloss, Flashs Antwort auszunutzen, um sie loszuwerden. Er wollte mit der Sache nichts zu tun haben. Nach dem, was er von ihrem Vater gehört hatte, glaubte er nicht, dass May in ernster Gefahr schwebte. Und überhaupt glaubte Pearce nicht, dass er einen guten Babysitter abgeben würde. Und auf keinen Fall wollte er einen Monat lang bei diesem Pack verbringen. Nicht mal für die doppelte Summe.

Pearce stupste Rog an, der stöhnte und grunzte. Pearce stupste ihn noch einmal an. »He, steh auf.«

»Was ist denn?«, sagte Baxter.

»Ich hab drüber nachgedacht. Ich bin nicht interessiert.«

»Was?«, sagte Baxter.

Pearce stupste Rog erneut. »Ich will euch aus meinem Haus haben. Die ganze Bande. Sofort.«

»Wenn Sie Wallace treffen sollten, lassen Sie sich nicht täuschen, Mr. Pearce«, sagte Baxter. »Er ist älter, als er aussieht. Sechsundzwanzig, sieht aber keinen Tag älter als achtzehn aus. Ist aber ‘n harter Bursche. Vielleicht sogar noch härter als Sie. Kampfsportler.«

Kampfsport, hm? Na schön. Wenn Pearce ein Stier war, dann war dies das scheißrote Tuch.

»Helfen wir meinen Söhnen wieder auf die Beine«, sagte Baxter. »Und wenn Sie noch ‘ne Minute Zeit übrig haben, dann würd ich Ihnen gern was zeigen, das Sie vielleicht doch davon überzeugt, dass die Bedrohung, die von Wallace ausgeht, durchaus sehr ernst ist.«

 

»Mögen Sie Hunde, Mr. Pearce?«

»Ich hab ‘nen Terrier.«

»Ist mir gar nicht aufgefallen.«

»Er mag keine Fremden.«

»Na, dann machen Sie sich auf was gefasst. Los, Rog.«

Eine Seite von Rogs Gesicht war geschwollen. Er sah aus, als hätte er mit einem wahnsinnigen Zahnarzt Streit gehabt. Er schaute sich um. Da die Luft rein war, machte er den Kofferraum auf und hielt ihn etwa einen halben Meter weit geöffnet.

Pearce bückte sich und lugte hinein. Darin lag der Körper eines schwarzen Köters und sah … tot aus. Auf jeden Fall stank er, als sei er tot.

Ja, Pearce mochte Hunde. Aber lebendig waren sie ihm lieber. Tot hatten sie nicht ganz denselben Reiz.

Pearce richtete sich auf. »Ist das
eurer?«,
fragte er.

Baxter nickte. »Schauen Sie sich nur an, wie man ihm die Kehle durchgeschnitten hat.« Pearce hatte keine große Lust dazu und sagte es. »Na los«, sagte Baxter.

Pearce bückte sich noch einmal. Der Kopf von Bello hing gerade noch so an einem Hautlappen. »Ziemlich übel. Das muss ich Ihnen lassen. Aber ich weiß nicht, was ein Hund mit durchtrennter Kehle damit zu tun haben soll, dass May in Gefahr ist.«

Baxter warf einen prüfenden Blick in die Umgebung. Das Auto war unten am Strandende der Straße geparkt. Andere Autos parkten ein, fuhren davon, Paare spazierten vor dem Auto Arm in Arm die Promenade entlang.

Pearce fragte sich, ob es gegen das Gesetz verstieß, einen toten Hund im Kofferraum zu haben. Vermutlich nicht. Sollte es aber.

»Zu viel Leute hier«, sagte Baxter.

Rog schloss vorsichtig den Kofferraumdeckel.

Baxter stieg ein. Flash humpelte nach hinten, die Hände über seinem schmerzenden Unterleib, und Rog gesellte sich zu ihm auf die Rückbank. Nach kurzem Zögern setzte Pearce sich auf den Beifahrersitz.

Pearce hatte die Tür geschlossen, bevor er merkte, wie sehr der Gestank des toten Hundes im Wageninneren hing. Er hatte das Gefühl, direkt auf dem Kadaver zu sitzen. Er atmete durch den Mund.

Baxter griff in die Tasche und holte seine Kippen heraus. Er bot Flash eine an, und Flash schüttelte den Kopf. »Der Hund war eine Botschaft von Wallace«, sagte Baxter.

»Und eine Warnung«, sagte Flash, der sich mit dem Handrücken den Kopf rieb.

»Ein Omen«, sagte Rog.

»Leute, entscheidet euch«, sagte Pearce.

»Hab ihn gestern Morgen gefunden. Genau hier drinnen. Im Kofferraum.«

Kein Wunder, dass das Scheißding stank. »Und was wollt ihr damit machen?«, fragte Pearce.

»Wir werden ihn beerdigen. Wenn wir so weit sind.«

»Beeilt euch besser. Er ist reif.«

Baxter zuckte die Achseln. »Wir waren damit beschäftigt, May zu trösten.«

»Da müssten ja ein paar Minuten drin gewesen sein, um ihn irgendwo abzuladen. In Frieden verrotten zu lassen.«

»Wir dachten, es wäre gut, wenn Sie ihn mit eigenen Augen sehen«, sagte Baxter. »Egal, Louis gehört dahin, wo er ist. Das ist mein Auto. Mein Hund. Meine Nase.«

Und Pearce dachte, okay, es reicht mit dem Scheiß. »Ihr könnt ja in dem Gestank sitzen bleiben, wenn ihr wollt«, sagte er. »Aber ohne mich.« Als er sich zur Tür wandte, um auszusteigen, spürte er eine Hand auf dem Arm.

»Bitte«- es war Rog -, »tu’s für May. Louis war ihr Hund.«

Pearce schaute auf die Wurstfinger auf seinem Arm. Er starrte hin, bis sie zurückgezogen wurden. »Wieso denkt ihr, dass ich nicht auch in einem Kofferraum enden werde wie der arme Louis?«

»Ist nicht ausgeschlossen«, sagte Baxter. »Wallace würde keine Sekunde zögern, Sie umzubringen, wenn’s sein muss. Und er ist dazu mehr als fähig.«

Scheiße noch mal. Man hätte doch annehmen sollen, dass der hässliche Mistkerl versuchen würde, ihm ein bisschen Honig ums Maul zu schmieren. Wollte er jetzt, dass Pearce den Job übernahm, oder nicht? »Wenn Sie so denken, wieso wollen Sie mich dann anheuern?«

»Jemand anderen können wir uns nicht leisten.«

Na reizend.

Der Gestank wurde Pearce jetzt echt zu heftig. Toter Hund und Zigarettenqualm. Er war ihm in alle Poren gedrungen. Am liebsten hätte er sich die Wangen geschrubbt, bis sie glänzten. Er öffnete das Fenster. Es änderte nicht viel, nur dass jetzt Verkehrslärm, Kindergeschrei und ein Hauch von einem Grillfeuer hereinkam, der die anderen Düfte im Auto vorübergehend überdeckte. Er schaute, ob er irgendjemanden beim Grillen ausmachen konnte. Aber wie auch immer, es kam von weiter oben am Strand, außer Sicht.

Baxter knibbelte an einem Fingernagel. »Mr. Pearce«, sagte er, »der Mann meiner Tochter ist ein gemeines Dreckstück. Sie haben gesehen, was er mit meinem Hund angestellt hat. Wir haben Ihnen erzählt, was er mit uns gemacht hat. Die Beweise sehen Sie vor sich.« Er deutete auf seine Nase. »Und er hat meine schwangere Tochter schon verprügelt.«

»Wallace ist berüchtigt«, sagte Flash. »Schwer berüchtigt. Hör dich mal um.«

Pearce schaute weg. In dem Auto herrschte einen Moment lang Schweigen. Er lauschte dem Rauschen der Wellen in der Ferne, dem Hupen eines zurückstoßenden Busses an der Haltestelle ein Stück links von ihm. Er schaute aufs Meer hinaus. Möwen stürzten sich aus der Luft auf Bissen am Ufer. Er hatte ein seltsames Gefühl von Zeitlosigkeit. Als wäre dies alles hier vor hundert Jahren passiert. Dann hörte er das Dröhnen eines Flugzeugs, das über sie hinwegflog. Es machte der Illusion ein Ende.

Umso besser. Er war gerade einen kurzen Moment sentimental geworden.

»Er hat May verprügelt. Er hat uns zusammengeschlagen. Er hat den Hund kaltgemacht. Das ist eine Steigerung. Da kriegt man doch Angst.« In Rogs Wange zuckte ein Muskel. »Der bringt noch einen um.«

»Man kann aufgrund dessen, was er dem Hund angetan hat, nicht beurteilen, was er als Nächstes macht«, sagte Pearce. »Einem Menschen das Leben zu nehmen ist was ganz anderes als einen Hund umzubringen. Scheiße, ihr wisst nicht mal sicher, ob
er
den Hund umgebracht hat.«

»Wer sonst hätte so was machen sollen?«, sagte Baxter. »Okay«, sagte Pearce. »Aber wieso hätte er das machen sollen?«

»Er ist ein sadistisches Arschloch«, sagte Flash, »ist nicht das erste Mal, dass er gewalttätig war. Vergiss das, was er mit uns gemacht hat. Das war gar nichts. Mit achtzehn hat Wallace mal ‘nen Mann von der Straße weg gekidnappt, einen total Fremden, hat ihn in sein Auto geschmissen und zwei Tage lang in seinem Schlafzimmer festgehalten und ihm hübsche Muster ins Gesicht geritzt. Zum Schluss hat er ihm zwei seiner abgetrennten Finger in den Arsch geschoben.«

»Wie originell. Hat er gesessen?«

»Ist damit durchgekommen.«

»Der Typ hatte zu viel Angst, stimmt’s?«

»Nee. Irgendwelche Probleme, weil Beweisstücke fehlten. Alle wussten, dass er’s getan hatte, aber sie konnten’s ihm nicht nachweisen.«

»Und warum hat er das gemacht?«

»Weil er verrückt ist«, sagte Flash.

»Da ist er weiß Gott nicht der Einzige«, sagte Pearce. »Okay, er ist verrückt. Was meint ihr, was er in puncto May wirklich denkt?«

»Sie ist seine Frau. Aber das Baby ist nicht von ihm. Und das kriegt er nicht auf die Reihe.«

»Und wieso schickt er sie dann nicht einfach in die Wüste?«, fragte Pearce.

»Er will sie nicht haben«, sagte Baxter. »Aber er will auch nicht, dass irgendjemand anders sie hat. Und er will nicht, dass sie das Baby kriegt.«

Pearce zweifelte keine Minute daran, dass Baxter recht hatte. Es hörte sich an, als hätte Wallace die armselige, verrückte Bande ganz schön aufgemischt.

»Wollen Sie den Job?«, fragte Baxter.

»Ich überleg’s mir«, teilte Pearce ihm mit. Die Worte waren heraus, bevor er wusste, was er sagte. Eigentlich wollte er es sich gar nicht überlegen. Die ganze Geschichte war total lachhaft. Der irre alte Spinner und seine nur geringfügig weniger irren Söhne, der tote Hund - der Gestank wurde auch nicht besser -, die halbwüchsige Tochter, das ungeborene Kind, der rachsüchtige Vater. Eine Familie direkt aus der Hölle. Wollte er sich da wirklich reinziehen lassen? Er war doch kein Sozialarbeiter. Ach, Scheiße, die Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich etwas Schlimmes passieren würde, stand weniger als eine Million zu eins. Alles pure Paranoia und Spinnerei. »Aber macht euch nicht zu große Hoffnungen«, sagte er.

Pearce schaute ihnen nach, als sie wegfuhren. Baxter am Steuer, Rog auf dem Beifahrersitz, Flash ausgestreckt auf dem Rücksitz und Louis verfaulend im Kofferraum.

 

Als Pearce in seine Wohnung zurückkam, lag Hilda in seinem Körbchen. Ja, der Hund hieß Hilda. Ihm gefiel der Gedanke, ihn nach jemandem zu nennen, nach einem richtigen Menschen, und wen gab es da Besseres als seine Mutter? Okay, es war ein Rüde. Aber Pearce glaubte nicht, dass es Hilda etwas ausmachte. Und ihm auch nicht.

Er sagte dem Hund, dass jetzt alles in Ordnung war und die bösen Männer weg waren. Hilda wedelte mit dem Schwanz, hoppelte zur Tür und starrte sie an.

Pearce schüttelte den Kopf. In Hildas Welt bedeutete alles, was er nicht verstand, Gassigehen. Das war okay. Pearce nahm Hildas Leine vom Schrank im Flur und machte sie fest. Nach dem Gestank in Baxters Auto konnte er ein bisschen frische Luft gebrauchen. Wenn man schon am Meer wohnte, musste man das auch so oft wie möglich ausnutzen.

Hilda zog den ganzen Weg die Straße runter bis zur Strandpromenade. Als sie dort ankamen, machte Pearce die Leine los, und Hilda hüpfte los zu einem Fleck mit hohem Gras, auf dem die ansässigen Hunde sich gern erleichterten. Er machte sich auf die Pirsch nach der richtigen Stelle, bevor er das Hinterbein hob. Pearce staunte immer wieder, wie der kleine Scheißer auf zwei Beinen pissen konnte, ohne umzukippen.

Schon bei ihrem allerersten Strandspaziergang hatte Hilda sich als Schnüffler entpuppt. Kein großes Interesse am Stöckchenwerfen. In Ordnung. Das arme Vieh hatte schließlich nur drei Beine. Pearce hätte an seiner Stelle auch lieber geschnüffelt, als Stöckchen nachzurennen.

Pearce ging in östlicher Richtung die Promenade entlang auf Joppa zu. Hilda würde ihm in seinem eigenen Tempo folgen.

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